Lungenkrebs

Lungenkrebs (Bronchialkarzinom): Bösartiger Tumor der Bronchialschleimhaut und häufigste Krebserkrankung bei Männern, aber es erkranken auch immer mehr Frauen. In Deutschland sterben pro Jahr ~ 37.000 Patienten an Lungenkrebs, v. a. durch Tabakrauch, Schadstoffe am Arbeitsplatz und sonstige Luftschadstoffe. 20 Jahre täglich 20 Zigaretten zu rauchen erhöht das Lungenkrebsrisiko etwa um das Zwanzigfache, aber auch Passivraucher sind gefährdet. Die Prognose ist sehr schlecht und abhängig vom feingeweblichen Bau des Karzinoms sowie vom Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose.

Selten sind gutartige oder nur gering bösartige Tumoren wie das Bronchuskarzinoid, das von spezialisierten Zellen der Bronchialschleimhaut ausgeht. Es macht 4 % aller Bronchialtumoren aus und kommt eher bei jungen Männern und Frauen vor.

Häufig sind dagegen Lungenmetastasen (Tochtergeschwülste anderer Krebsarten wie Nieren-, Darm- oder Brustkrebs). Sie weisen auf das fortgeschrittene Stadium des Ursprungstumors hin.

Leitbeschwerden

Häufig keine Leitbeschwerden. Wenn, dann

  • über Wochen anhaltender Husten.
  • Aushusten von geringen Blutmengen, Speichel mit Blutauflagerungen oder geringem glasigem Auswurf.
  • eventuell Fieber, Gewichtsabnahme und nachts starkes Schwitzen (B-Symptomatik).
  • durch Einwachsen des Tumors in benachbarte Regionen: Heiserkeit, Schmerzen und Schwäche in Schulter und Arm, Zwerchfelllähmung.

Atemnot tritt auf, wenn große Bronchien ganz oder teilweise durch den Tumor zugeschnürt sind oder wenn ein Pleuraerguss aufgetreten ist. Als Komplikation kann es zu einer schweren Lungenblutung kommen, wenn ein großes Gefäß durch den Tumor zerstört wird.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • der Husten länger als 3 Wochen anhält.
  • trotz guten Appetits sehr viel Gewicht verloren wird.

Die Erkrankung

Lungenkrebs ist ein bösartiger Tumor, der von der Bronchialschleimhaut ausgeht. Weltweit führt Lungenkrebs am häufigsten von allen Tumoren zum Tode, jährlich sterben daran eine Million Menschen.

Risikofaktoren. Als Hauptrisikofaktoren sind gesichert:

  • Tabakrauch (~ 85 % der Fälle). Dauer und Menge bestimmen das Risiko (eine Zigarettenpackung täglich für ein Jahr zählt als ein „Packungsjahr“ (packyear). Passivrauchen erhöht das Risiko für Lungenkrebs um den Faktor 1,3 bis 2,6, je nach inhalierter Rauchmenge.
  • Schadstoffe am Arbeitsplatz (~ 7 % der Fälle). Risikogruppen sind Arbeiter in gummiverarbeitender Industrie, Gießereien und Bergbau, Schweißer, Anstreicher und Arbeiter, die mit Asbest, Pestiziden oder Herbiziden umgehen. Zusätzliches Rauchen potenziert das Risiko.
  • Andere Ursachen wie z. B. die Feinstaubbelastungen.

Differenzierung. Nach dem feingeweblichen Aufbau unterscheidet man kleinzellige Bronchialkarzinome (SCLC, small cell lung cancer) und nicht kleinzellige Bronchialkarzinome (NSCLC, non SCL, Plattenepithel- und Adenokarzinom). Die kleinzelligen Bronchialkarzinome machen 20–30 % der Krebsfälle aus. Sie neigen zu starkem Wachstum und früher Streuung in andere Organe und haben eine ungünstige Prognose. Die nicht kleinzelligen Bronchialkarzinome kommen in 70–80 % der Fälle vor. Sie sind die häufigsten Lungentumoren bei Nichtrauchern, streuen relativ spät und haben eine bessere Prognose.

Verlauf. Der wachsende Tumor führt manchmal zu Husten, ist aber lange Zeit symptomlos. Bei Zerstörung kleiner Kapillaren durch den Tumor kommt es zu Blutauflagerungen im Auswurf. Bronchialkarzinome, die am Lungenrand sitzen, machen lange Zeit keine Beschwerden. Wenn sie in die Brustwand oder das Rippenfell hineinwachsen, verursachen sie Schmerzen. In späteren Stadien tritt Husten auf. Bei Einwachsen des Tumors in den Bereich zwischen den beiden Lungen (Mediastinum) kann es durch Schädigung des Stimmbandnervs zu Heiserkeit kommen. Ist der Zwerchfellnerv betroffen, führt dies zu Atemnot und Schluckauf. Ein Übergreifen des Tumors auf den Herzbeutel zeigt sich in einem Erguss und einer akuten Rechtsherzinsuffizienz. Ein Einwachsen in die Speiseröhre verursacht Schluckstörungen.

Die Tumoren befallen früh die Lymphknoten der betroffenen Region. Auf dem Blutweg gelangen Metastasen v. a. in Leber, Gehirn, Nebennieren und Skelett. Hirnmetastasen führen zu Schwindel, Kopfschmerzen, Krampfanfällen und Lähmungserscheinungen. Skelettmetastasen verursachen Knochenbrüche und Schmerzen, Lebermetastasen Verdauungsbeschwerden und Gelbsucht (Ikterus).

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Bei Verdacht auf Lungenkrebs veranlasst der Arzt Röntgenaufnahmen der Lunge. Tumoren zeigen sich u. a. als Rundherde in der Lunge, als Verdichtungen des Lungengewebes oder als Atelektase (nicht belüfteter Lungenabschnitt) infolge einer Bronchusverlegung.

CT und Bronchoskopie erhärten die Verdachtsdiagnose eines malignen Tumors. Knochenszintigrafie und Ultraschall der Leber dienen dem Nachweis von Metastasen. Tumormarker im Blut sind für die Diagnose bedeutungslos. Eine Ausnahme ist die neuronspezifische Enolase (NSE), die recht zuverlässig auf ein kleinzelliges Bronchialkarzinom hinweist. Eine Gewebeprobe (Biopsie) muss zur Bestimmung des feingeweblichen Aufbaus aus dem Tumor entnommen werden. Hiervon hängt die weitere Behandlung ab. Der Arzt entnimmt die Gewebeprobe entweder im Rahmen einer Bronchoskopie oder durch die operative Entfernung eines vergrößerten Lymphknotens.

Therapie nicht-kleinzelliger Bronchialkarzinome

Operation. Nicht-kleinzellige Tumoren können mit einer Operation geheilt werden, wenn sie noch keine Fernmetastasen gebildet haben und nur wenige oder noch gar keine Lymphknoten befallen sind. In diesem Fall überleben 40–70 % der Patienten die ersten fünf Jahre. Mögliche Operationen sind je nach Größe und Lage des Tumors die Entfernung eines einzelnen Lungenlappens (Lobektomie) oder einer ganzen Lungenhälfte (Pneumektomie). Natürlich sind diese Operationen nur möglich, wenn sichergestellt ist, dass die durch das Rauchen vorgeschädigte Restlunge den Körper nach der OP ausreichend mit Sauerstoff versorgen kann.

Strahlentherapie. Bei ausgedehnterem Lymphknotenbefall wird die Lunge etwa 4–5 Wochen nach der Operation bestrahlt. Diese adjuvante Strahlentherapie wird auch dann durchgeführt, wenn nach der Operation ein Resttumor in der Lunge verblieben ist. Einen wichtigen Stellenwert hat die Bestrahlung auch bei der palliativen Behandlung. Symptome wie Bluthusten, Luftnot, Hustenreiz oder Schmerzen lassen sich durch eine Bestrahlung deutlich lindern. Sie ist auch durchführbar, wenn der Zustand des Patienten sehr schlecht ist.

Chemotherapie. Eine Chemotherapie kann begleitend zu einer Operation oder Strahlenbehandlung oder auch als alleinige Behandlung infrage kommen. Die Entscheidung, welche Zytostatika-Kombination sinnvoll ist, hängt von der Ausdehnung des Tumors, dessen feingeweblicher Einordnung und dem Zustand des Patienten ab.

Palliative Behandlung. Sind bereits Fernmetastasen vorhanden oder Lymphknoten der anderen Lungenseite befallen, richten sich die ärztlichen Bemühungen vor allem darauf, dem Kranken mehr Lebenszeit bei möglichst guter Lebensqualität zu verschaffen.

Therapie kleinzelliger Bronchialkarzinome

Das kleinzellige Bronchialkarzinom ist bei Diagnosestellung zumeist fortgeschritten und hat bereits Fernmetastasen gebildet. In diesen Fällen steht die palliative Therapie im Vordergrund.

Operation. Eine operative Tumorentfernung ist nur bei sehr kleinen Tumoren sinnvoll.

Strahlen- und Chemotherapie. Glücklicherweise sprechen kleinzellige Bronchialkarzinome gut auf Chemotherapie und Strahlenbehandlung an. Für die Therapieplanung wird unterschieden zwischen:

  • Very limited disease (kleine Tumoren ohne Lymphknotenbefall). Hier kann eine rechtzeitige Operation Erfolg versprechend sein.
  • Limited disease (Befall einer Lungenhälfte mit oder ohne Lymphknotenbefall der gleichen Seite). In diesem Stadium können auch Lymphknoten des Mittelfellraums und unterhalb des Schlüsselbeins befallen sein, oder ein Pleuraerguss kann vorliegen.
  • Extensive disease (alle anderen Fälle, die weder very limited disease noch limited disease sind).

Eine Chemotherapie wird beim kleinzelligen Bronchialkarzinom immer mit verschiedenen Zytostatika durchgeführt. Es gibt sehr viele Behandlungsprotokolle, deren Zusammensetzungen sich aufgrund neuer Therapiestudien häufig ändern.

Gängige Protokolle sind:

  • ACO-Protokoll (Adriamycin + Cyclophosphamid + Vincristin)
  • CEV-Protokoll (Carboplatin + Etoposid + Vincristin)
  • PE-Protokoll (Cisplatin + Etoposid)

Meist sind 4–6 Zyklen Chemotherapie in dreiwöchigen Abständen erforderlich. Bei limited disease oder very limited disease kommt es in 40–70 % der Fälle zur Rückbildung des Tumors, in fortgeschrittenen Stadien allerdings nur in etwa 30 % der Fälle. Bei der limited disease wird nach Beendigung der Chemotherapie im Abstand von etwa 3–4 Wochen noch eine Bestrahlung durchgeführt. Gelingt eine vollständige Rückbildung des Tumors oder nach operativer Tumorentfernung wird prophylaktisch der Schädel bestrahlt, um auch mögliche Gehirnmetastasen zu erfassen. Sollte die Chemotherapie nicht ausreichend wirksam sein oder müssen Komplikationen (Atemnot, Bluthusten, Schmerzen) behandelt werden, kann durch die Strahlentherapie die Tumorgröße oder die Wachstumsgeschwindigkeit verringert werden.

Therapie von Sonderformen und Komplikationen

Pancoast-Tumor: Sonderform des Bronchialkarzinoms in der Lungenspitze, der früh in benachbarte Rippen, Wirbel oder Nerven einwächst und deshalb auch als „Ausbrecherkrebs“ bezeichnet wird. Der Patient bemerkt als Erstes oft Schmerzen in Schulter oder Arm, Missempfindungen im Arm oder hängende Augenlider. Zur Behandlung erfolgt früh eine Bestrahlung. Danach erfolgt die operative Entfernung des Tumors. Die Bestrahlung wird nach der Operation wiederholt.

Maligner Pleuraerguss (krebsbedingte Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt): Verursacht der Erguss Luftnot oder ist die Ursache des Pleuraergusses noch nicht 100 % klar, muss er punktiert und abgesaugt werden; die entnommene Flüssigkeit wird im Labor mikroskopisch untersucht. Ist nach vollständiger Entfernung eines Ergusses bereits nach wenigen Tagen wieder ein Erguss nachweisbar und macht Beschwerden, kann mittels einer speziellen Therapie eine Verklebung der Pleurablätter (Pleurodese) durchgeführt werden. Hierzu wird zuerst mittels einer eingelegten Drainage die Flüssigkeit vollständig entfernt und dann mit speziellen Medikamenten (Tetrazyklin, Bleomycin oder Talkum) eine chemische bzw. entzündliche Reaktion zwischen den Pleurablättern ausgelöst – dadurch verkleben sie und der Erguss kann nicht mehr nachlaufen. Diese Methode ist in etwa 80 % der Fälle erfolgreich.

Vena-Cava-Superior-Syndrom: Bei diesem bedrohlichen Krankheitsbild engt der Krebs die obere Hohlvene (Vena cava superior) ein und der Blutabfluss wird behindert. Es kommt zur Schwellung von Arm oder Gesicht, zu Schwindel und Kopfschmerzen. Neben der raschen Einlage eines Stents zum Offenhalten des Blutgefäßes kann durch notfallmäßige Bestrahlung der Tumor verkleinert werden.

Nebenwirkungen der Bestrahlungstherapie. Die Nebenwirkungen der Bestrahlung hängen vor allem davon ab, welcher Körperteil mit welcher Strahlendosis behandelt wird. Beim Bronchialkarzinom können nach der Bestrahlung eine Herzbeutelentzündung, eine erhöhte Infektanfälligkeit, eine Pneumonitis (durch die Bestrahlung des Lungengewebes ausgelöste Entzündung) , eine Lungenfibrose, Entzündungen der Speiseröhre (Ösophagitis) sowie Magenreizung mit Übelkeit und Müdigkeit auftreten. Veränderungen der bestrahlten Hautbereiche (trocken, gerötet und empfindlich) sind häufig zu beobachten. Bei trockener, empfindlicher Haut sind gute Hautpflegeprodukte mit niedrigem pH-Wert hilfreich. Eine strahlenbedingte Pneumonitis oder Lungenfibrose wird mit Kortison behandelt. Meist zeigt sich eine rasche Besserung.

Palliative Therapie

Zur Linderung der Beschwerden und zur Lebensverlängerung kann der Tumor durch Laser-, Chemo- oder Strahlentherapie über Monate verkleinert werden. Spezielle Röhrchen aus Metall oder Silikon (Stents) können eingesetzt werden, um einen weiteren Verschluss des Bronchus zu verhindern. In seltenen Fällen wird auch operiert. Es ist immer wichtig, die Vorteile einer Therapie (Gewinn an Lebenszeit, Linderung von Krankheitsbeschwerden) gegen die Nebenwirkungen und Risiken abzuwägen. Die Lebensqualität des Patienten sollte bei allen Therapien im Vordergrund stehen.

Verlaufskontrolle

Für die Patienten sind Verlaufskontrollen und die Nachsorge nach der Therapie wichtig. Komplikationen sollen frühzeitig erkannt und behandelt werden. Beschwerden können gelindert und Schmerzen durch konsequente und wirksame Therapie verhindert werden.

Prognose

Die Prognose hängt wesentlich von dem Stadium ab, in dem der Lungenkrebs diagnostiziert wurde, vom feingeweblichen Bau und von den Vorerkrankungen des Patienten. In sehr frühen Stadien eines nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms, wenn noch keine Lymphknoten befallen sind, ist eine Heilung möglich, die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt ~ 60 %. Kleinzellige Bronchialkarzinome wachsen schnell und die Tumormasse verdoppelt sich in nur 55 Tagen. Aus diesem Grund befindet sich der Krebs in ~ 70 % der Fälle bei Diagnosestellung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium und hat meistens schon Fernmetastasen gebildet; die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt dann lediglich 10 %.

Selbsthilfe

Wählen Sie für eine eventuell bevorstehende Operation eine Lungenfachklinik oder eine Klinik, die viel Erfahrung mit Lungenkrebs-Operationen hat, die z. B. über eine Abteilung für Thorax-Chirurgie verfügt.

Wenn Chemotherapie oder Bestrahlung geplant ist, informieren Sie sich vorher über den Ablauf und die Wirkungsweise dieser Therapien. Gut informiert zu sein hilft Ihnen, Ihre Angst abzubauen.

Vorsorge

Weil vor allem Raucherinnen und Raucher lungenkrebsgefährdet sind, gibt es spezielle Selbstzahlerangebote zur Vorsorge (IGeL), so den Raucher-Check mit Blutuntersuchungen und - vor allem - einem CT des Brustraums. Der Nutzen dieser Vorsorgeuntersuchungen ist aber wissenschaftlich umstritten. Nach neueren Studien werden zwar mehr frühe Krebsfälle entdeckt, die Zahl zu spät entdeckter Lungenkrebse und der Todesfälle ändert sich jedoch nicht.