Knochentumoren

Knochentumoren: Gut- oder bösartige Neubildungen im Knochen, die vom Knochen-, Knorpel- oder Knochenmarksgewebe ausgehen und vornehmlich im Wachstumsalter auftreten. Gutartige Tumoren bleiben meist unbehandelt und werden nur entfernt, wenn sie zu lokalen Problemen, z. B. Brüchen oder Schmerzen, führen. Bösartige Knochentumoren erfordern je nach Typ und Ausbreitung eine Behandlung durch Operation, Chemotherapie und/oder Bestrahlung. Damit überleben mehr als 50 % der Betroffenen die ersten fünf Jahre nach der Diagnosestellung.

Leitbeschwerden

  • Lokalisierte Schmerzen über längere Zeit
  • Sichtbare oder tastbare Verdickungen des Knochens
  • Schwellungen und Funktionseinschränkungen an Gliedmaßen
  • Knochenbrüche ohne wesentliche Gewalteinwirkung
  • Allgemeine Schwäche, Leistungsknick bei bösartigen Tumoren

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei allen unklaren Schwellungen, neu auftretenden Funktionseinschränkungen und Schmerzen am Bewegungsapparat, die länger als drei Tage dauern.

Die Erkrankung

Gutartige Knochenveränderungen. Neben gutartigen (benignen) Knochentumoren gibt es verschiedene, tumorähnliche Knochenerkrankungen von ebenfalls gutartigem Charakter. Die einzelnen Erkrankungen haben typische „Altersgipfel“, die oft im ersten und zweiten Lebensjahrzehnt liegen. Die häufigsten gutartigen Knochenveränderungen sind:

  • Juvenile Knochenzyste: Dabei handelt es sich um flüssigkeitsgefüllte, von einer Membran umgebene Zysten. Besonders häufig findet sich der Tumor bei Kindern im 13. Lebensjahr, meist nahe der Wachstumsfuge im schulternahen Oberarmknochen oder im hüftnahen Oberschenkel. Oft verraten sie sich durch spontane Brüche des befallenen Knochens, da sie das Knochengewebe zunehmend verdrängen und auf diese Weise zu Sollbruchstellen führen.
  • Fibröser Kortikalisdefekt: Dies ist eine recht häufige Wachstumsstörung der äußeren Knochenschicht (Kortikalis) im Bereich langer Röhrenknochen, meist im Ober- und Unterschenkel oder Oberarm. Die Veränderung macht nur selten Beschwerden und wächst sich meist folgenlos aus.
  • Kartilaginäre Exostose (Osteochondrom): Fast 50 % aller gutartigen Knochentumoren gehören zu dieser Gruppe. An Knie, Ellenbogen, Handgelenk, aber auch an Hüftgelenk und Schulterblatt treten die von Knorpel überzogenen tropfen- oder blumenkohlartigen Knochenauswüchse auf. Sie erreichen manchmal Faustgröße und führen dann oft zu erheblichen Behinderungen. Schmerzen, Verformungen der Knochen und Störungen des Längenwachstums sind weitere mögliche Folgen. Die Exostosen entstehen meist im zweiten Lebensjahrzehnt und beenden ihr Wachstum mit dem Abschluss des Knochenwachstums. Treten sie mehrfach auf, ist die Ursache oft eine erbliche Erkrankung (hereditäre multiple Exostosen, HME). In diesem Fall ist auch mit – allerdings seltenen – Entartungen zu rechnen.
  • Enchondrom: Der Begriff bezeichnet Neubildungen aus Knorpelgewebe, die im Knocheninneren lokalisiert sind und hauptsächlich Hände und Füße befallen. Die meist schmerzlosen Tumoren treten häufig im jüngeren Erwachsenenalter auf, bei mehrfachem Auftreten auch schon im Kleinkindalter. In 20 % der Fälle werden die Tumoren bösartig, insbesondere dann, wenn sie in der Nähe des Körperstamms liegen.
  • Osteoidosteom: Hierbei handelt es sich um einen meist winzigen Tumor in der äußeren Schicht von Röhrenknochen, manchmal auch in Wirbeln. Typisch ist ein nächtlicher Schmerz, der nach der Einnahme von Acetylsalicylsäure (Aspirin®) rasch nachlässt.
  • Osteoklastom: Dies ist ein halb bösartiger, also semimaligner Tumor. Im Gegensatz zu gutartigen Neubildungen wächst er nicht verdrängend, sondern zerstört bei seiner Ausbreitung benachbartes Gewebe. Er führt nur selten zu Metastasen, was ihn von bösartigen Tumoren unterscheidet. Meist tritt er nach Abschluss des Wachstums auf, v. a. an den Enden der langen Röhrenknochen.

Bösartige Knochentumoren sind selten. Im Kindesalter machen sie 3–4 % aller bösartigen Erkrankungen aus. Die wichtigsten Beispiele sind:

  • Osteosarkom: Der häufigste maligne Knochentumor betrifft meist die Altersgruppe zwischen 10 und 25 Jahren. Er tritt in der Hälfte der Fälle knienah in Oberschenkelknochen oder im Schienbein auf. Trotz frühzeitiger Streuung von Metastasen überleben mehr als 60 % der Betroffenen mindestens fünf Jahre. Selbst nach Entfernung von Lungenmetastasen liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei nahezu 50 %.
  • Ewing-Sarkom: Auch der bösartigste aller Knochentumoren befällt meistens Kinder. Betroffen sind vorwiegend die langen Röhrenknochen, seltener Becken und Rippen. Da die Erkrankung oft zu Schmerzen und Schwellungen, manchmal auch zu Fieber führt, lässt sie sich leicht mit einer Osteomyelitis verwechseln, die ähnliche Entzündungszeichen verursacht. Mit einer Kombinationstherapie (siehe unten) lassen sich 5-Jahres-Überlebensraten von mindestens 50 % erreichen.
  • Chondrosarkom: Das Chrondrosarkom entsteht erst im Erwachsenenalter (30–50 Jahre) und befällt vorwiegend Becken, Oberschenkelknochen und Schultern. Da es fließende Übergänge von gutartigen Tumoren (Enchondrome) zu den bösartigen Chondrosarkomen gibt, ist eine Klassifizierung auch durch eine Gewebeuntersuchung oft schwierig. Je nach Typ liegt die 10-Jahres-Überlebensrate zwischen 15 % und 80 %.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Es gilt zu bedenken, dass die Ursache für uncharakteristische Leitbeschwerden auch ein Knochentumor sein kann. Hartnäckige, v. a. einseitige Wachstumsschmerzen erfordern deshalb immer eine weiterführende Diagnostik. Diese besteht zuallererst in einer Röntgenaufnahme, die oft schon charakteristische Veränderungen zeigt. Besteht der Verdacht auf einen bösartigen Tumor, bringt ein Kernspin weitere Informationen. Eine Angiografie klärt die Blutversorgung, eine Skelettszintigrafie die Lokalisation von – unter Umständen mehrfach auftretenden – Herden. Letztendliche Sicherheit bringt nur eine Biopsie, also die Entnahme eines kleinen Knochenstücks. Sie ist auch wichtig für die Therapieplanung, die unter anderem von der feingeweblichen Einstufung des Tumors abhängt.

Therapie. Gutartige Knochentumoren benötigen meist keine Behandlung – solange sie nicht stören und die Tragefunktion des Knochens unbehelligt lassen. Bei Brüchen des geschwächten Knochens oder bei Beteiligung von Wachstumsfugen oder Gelenken ist oft eine Operation erforderlich, ebenso bei lokalen Beschwerden wie Schmerzen oder Funktionsstörungen. Dabei räumt der Operateur den Tumor aus und füllt größere Defekte mit Knochenspänen auf, die er dem Beckenkamm entnimmt.

Die Behandlung von bösartigen Knochentumoren richtet sich im Wesentlichen nach dem Typ und der Ausbreitung der Erkrankung. Kernpunkt ist in der Regel die Operation. Sie strebt eine möglichst vollständige Entfernung des bösartigen Gewebes an, versucht jedoch gleichzeitig, die Funktionsfähigkeit des betroffenen Körperteils zu erhalten. Nicht vermeidbare größere Defekte lassen sich mit körpereigenem Knochengewebe oder speziellen Tumorendoprothesen überbrücken. Patienten mit Osteosarkom und Ewing-Sarkom erhalten zusätzlich eine hoch dosierte Chemotherapie vor und gelegentlich auch nach der Operation. Eine Bestrahlung ist als Begleittherapie – selten auch als alleinige Behandlung, insbesondere bei Ewing-Sarkomen – wirksam.