Tiefe Venenthrombose

Thrombosen sind Blutgerinnsel in venösen Gefäßen, die zu einem teilweisen oder vollständigen Verschluss der betroffenen Vene führen. Am häufigsten kommt die Tiefe Beinvenenthrombose (Phlebothrombose) vor.

Die tiefe Venenthrombose betrifft vor allem die Beinvenen (Beinvenenthrombose). Oft unterscheidet der Arzt auch noch die vergleichsweise harmlose Unterschenkelthrombose von der gefährlichen Oberschenkelthrombose und der weniger häufigen Beckenvenenthrombose. Ganz selten treten Thrombosen in Venen der oberen Extremitäten oder in Organen (z. B. Lebervenenthrombose) auf. Kommt es nicht zur lebensgefährlichen Verschleppung von Blutgerinnseln (Embolie) geht die tiefe Venenthrombose oft scheinbar spurlos vorüber, da der Verschluss durch körpereigene Substanzen wieder aufgelöst und/oder das Bein über andere Gefäße entstaut wird. Wenn aber Venenklappen der thrombosierten tiefen Venen zerstört bleiben, droht später ein postthrombotisches Syndrom mit chronisch venöser Insuffizienz bis hin zum offenen Bein.

Selten sind tiefe Venenthrombosen der Schulter (Paget-von-Schroetter-Syndrom), die v. a. bei anhaltend ungewohnter Kraftanstrengung oder Einengung eines Armes auftreten. Aus der venösen Abflussstörung entwickelt sich eine schmerzhafte Armschwellung mit bläulicher Hautverfärbung. Die Behandlung besteht in der Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten über mehrere Monate und einer vorübergehenden Hochlagerung und Ruhigstellung des Armes sowie entzündungshemmenden Medikamenten.

Eine dramatische Situation entsteht, wenn sich alle Venen einer Extremität gleichzeitig verschließen und kein Blut mehr abfließt. Bei dieser als Phlegmasia coerulea dolens bezeichneten Thromboseform führt die zunehmende Schwellung der Extremität dazu, dass auch die Arterien abgedrückt werden und die Blutversorgung damit vollständig zum Erliegen kommt. Pulse sind nicht mehr tastbar. Hier ist ein sofortiger chirurgischer Eingriff zur Eröffnung der verschlossenen Venen und Muskelhautspaltung notwendig, um die Extremität zu retten.

Leitbeschwerden

  • Schweregefühl, Umfangsvermehrung, Schwellung des betroffenen Beins
  • Bläulich glänzende Haut
  • Leichtes bis mittelstarkes Spannungsgefühl
  • Druckschmerz im Verlauf der betroffenen Venen (z. B. Wadendruckschmerz), Schmerzen beim Gehen, Husten und beim Herabhängenlassen des Beins
  • In seltenen Fällen kann eine Lungenembolie das Symptom sein

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn ein Bein an Umfang zunimmt. Kritisch ist eine Differenz von über 2 cm zwischen beiden Beinen, gemessen 10 cm oberhalb der Kniescheibe – wenn nur der untere Beinbereich befallen ist, wird natürlich unterhalb der Kniescheibe gemessen.

Sofort ins Krankenhaus, wenn eine einseitige Beinschwellung mit neu auftretender Atemnot verbunden ist.

Die Erkrankung

Tiefe Beinvenenthrombosen entstehen durch einen verlangsamten Blutfluss, durch eine ungünstige, zur überschießenden Gerinnung neigende Blutzusammensetzung oder – selten – nach Schädigungen der Veneninnenwand. Manchmal kommt es auch durch eine Polyglobulie (zu viele rote Blutkörperchen, „zu dickes“ Blut) zur tiefen Beinvenenthrombose.

Eine erhöhte Thromboseneigung besteht:
  • Bei jeder Bettlägerigkeit über drei Tage, nach Operationen, in einem Gipsverband und bei Reisen mit langem, ununterbrochenem Sitzen (Langstreckenflug)
  • In der Schwangerschaft und im Wochenbett
  • Bei Einnahme der „Pille“ (besonders gefährdet sind Raucherinnen über 35 Jahre)
  • Bei starkem Übergewicht
  • Bei Krebs (eher im fortgeschrittenen Stadium, also bei Metastasen)
  • Bei ausgeprägten Krampfadern und nach früheren Thrombosen
  • Bei familiär gehäuften Thrombosen
  • Bei Blutgerinnungsstörungen, Erkrankungen mit Bluteindickung
  • Bei zu geringer Flüssigkeitszufuhr über längere Zeit

Wenn eine familiäre Häufung für tiefe Venenthrombosen bekannt ist oder wenn Sie ohne wesentliche Risikofaktoren bereits vor dem 45. Lebensjahr eine Thrombose erleiden, muss nach einer genetisch bedingten Thromboseneigung gesucht werden. Blutuntersuchungen können vererbbare Schäden der Gerinnungsfunktion aufdecken. Es gibt angeborene Gerinnungsstörungen, die das Risiko für die Entstehung einer tiefen Beinvenenthrombose um ein Vielfaches erhöhen und daher eine vorbeugende Behandlung notwendig machen.

Bei einer Thrombose setzen sich an der Venenwand Blutgerinnsel (Thromben) fest, die nach und nach an Größe zunehmen und vor allem bei fehlender Bewegung das Veneninnere irgendwann vollständig verschließen. Manchmal schafft es auch das körpereigene Gerinnungssystem, die Vene in den nächsten Tagen und Wochen wieder durchgängig zu machen (Rekanalisation).

Langzeitproblem postthrombotisches Syndrom. Durch die tiefe Beinvenenthrombose werden zumindest einige Venenklappen geschädigt oder ganz zerstört. Je nach Lage der defekten Klappen ist die regelrechte Entstauung des Beins mehr oder minder beeinträchtigt und es drohen eine anhaltende Schwellneigung des Beins und die Entwicklung eines postthrombotischen Syndroms. Der venöse Abfluss des betroffenen Beins muss in diesem Fall lebenslang durch eine Kompressionsbehandlung unterstützt werden.

Komplikation Lungenembolie. Oft ist das Blutgerinnsel aber nicht mit der Venenwand verbacken, sondern sitzt nur locker auf. Der Blutstrom reißt das Gerinnsel irgendwann ab und transportiert es Richtung (rechtes) Herz und dann weiter über die Arteria pulmonalis direkt in die Lunge (Embolie). Manche Blutgerinnsel lösen sich durch gerinnungshemmende Blutbestandteile wieder auf, andere bleiben dagegen in einem Blutgefäß stecken und verschließen es (Embolie) und verursachen eine Durchblutungsstörung der Lunge (Lungenembolie). Manchmal macht sogar erst eine Lungenembolie auf die zugrunde liegende tiefe Beinvenenthrombose aufmerksam.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Die körperliche Untersuchung ist oft nicht sehr aussagefähig, weil die typischen Leitbeschwerden fehlen können. Auch die Beinumfangsdifferenz ist kein sicheres Zeichen. Zum sicheren Nachweis bzw. Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose muss mit einer Duplexsonografie oder einer – leider schmerzhaften – Phlebografie gezielt danach gesucht werden.

Bei einer tiefen Beinvenenthrombose wird das Bein anfangs mit straffen elastischen Binden, später mit einem Kompressionsstrumpf von außen zusammengedrückt. Dies reduziert die Schwellung und die Schmerzen im Bein und senkt das Risiko für Embolien und ein späteres postthrombotisches Syndrom. Auch erhöht die Kompression die Blutströmungsgeschwindigkeit im tiefen Venensystem und verhindert damit ein weiteres Thrombosewachstum. Nach einem Schlaganfall werden Kompressionsstrümpfe in der Regel eingesetzt, um weitere gefährliche Thrombosen zu vermeiden. Eine aktuelle Studie deutet jedoch darauf hin, dass sie das Risiko solcher Blutgerinnsel gar nicht senken.

Ärzte sind noch unterschiedlicher Auffassung darüber, ob strenge Bettruhe Lungenembolien vermeiden hilft. Die Mehrzahl der Ärzte verzichtet heute darauf, wenn nur eine Unterschenkelvenenthrombose vorliegt, und sieht Bettruhe nur noch bei Oberschenkel- und Beckenvenenthrombosen und bei Blutgerinnseln als hilfreich an, wenn das Gerinnsel nach dem Ultraschallbefund nur schlecht an der Venenwand haftet.

Antikoagulation. Jede tiefe Beinvenenthrombose wird mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt. Diese Therapie ist von höchster Wichtigkeit, um die Blutgerinnsel aufzulösen und Lungenembolien zu verhindern. Da die Risiken einer aggressiven Therapie – vor allem unkontrollierbare innere Blutungen – groß sind, wird in der Regel folgendermaßen vorgegangen:

  • Am erfolgsträchtigsten ist die Lysetherapie. Durch sie wird die Auflösung eines Blutgerinnsels erheblich wahrscheinlicher und das Risiko für ein postthrombotisches Syndrom sinkt. Da es in etwa 1 % der Fälle jedoch zu lebensbedrohlichen Blutungen kommt, wird die Lysetherapie nur bei schweren Thrombosen (z. B. der Beckenvenen) durchgeführt.
  • Die weniger risikoreiche Wahl ist die hochdosierte Heparintherapie. Heparin als venöse Infusion oder unter die Haut gespritzt wirkt am schnellsten und steht daher am Anfang der medikamentösen Behandlung.
  • Begleitend wird die Langzeit-Gerinnungshemmung mit Cumarinen, wie z. B. Marcumar® eingeleitet. Da es mehrere Tage dauert, bis das Marcumar wirkt, wird es für acht Tage zunächst überlappend geschluckt, d.h. zusätzlich zum Heparin.

Nach einer tiefen Beinvenenthrombose muss die orale Gabe von Antikoagulantien für mindestens ein halbes Jahr beibehalten werden. Danach wird geprüft, ob die Marcumar® -Behandlung auslaufen kann. Diese Entscheidung ist leider oft nur schwer zu treffen, da das große Risiko von Zweitthrombosen der eingeschränkten Lebensqualität durch Marcumar® gegenübersteht.

Komplementärmedizin

In der Naturheilkunde werden begleitend hochdosierte in der Natur vor allem in Kaltwasserfischen (wie Makrele und Lachs) vorkommende Omega-3-Fettsäuren eingesetzt, z. B. das rezeptpflichtige Zodin 1000®.

Blutgerinnungshemmend wirken auch Blutegel, sie werden jedoch nicht zur Dauerbehandlung herangezogen. Auch zur Akuttherapie einer Thrombose haben sie sich schulmedizinisch nicht durchgesetzt.