Schwangerschaftsabbruch

Eine Elternschaft verändert das Leben von Mutter und Vater einschneidend. Daher erwägen nicht wenige Paare bei einer ungewollten Schwangerschaft einen Schwangerschaftsabbruch (Abtreibung, Abruptio, fälschlich auch Interruptio = Schwangerschaftsunterbrechung genannt). Rund 130.000 Frauen bzw. Paare entschließen sich in Deutschland jährlich zu diesem Eingriff. Aber auch bei einer gewollten Schwangerschaft kann es Situationen geben, die ein Fortsetzen der Schwangerschaft als nicht ratsam erscheinen lassen, z. B. bei einer Rötelninfektion der Mutter in den ersten vier Schwangerschaftsmonaten, oder wenn das Kind wegen einer Fehlbildung nicht lebensfähig ist (hierzu gehört nicht das Down-Syndrom).

Ein Schwangerschaftsabbruch kann viele Gründe haben. Auch einige körperliche Erkrankungen der Mutter gehören dazu, ebenso seelische Probleme oder auch ein mangelhaftes soziales Umfeld. An eines sollte man jedenfalls immer denken: Eine solche Entscheidung treffen Frauen nicht leichtfertig.

Adoptionsfreigabe als Alternative. Wenn eine Frau ihr Kind austragen will, aber keine Möglichkeit sieht, es anschließend zu versorgen, kann sie das Baby zur Adoption freigeben. Beratung und Unterstützung erhalten interessierte Frauen beim zuständigen Kinder- und Jugendamt. Wer diesen Schritt in Erwägung zieht, sollte viel Zeit für das Gespräch aufbringen, denn eine Adoptionsfreigabe ist, wenn überhaupt, nur mit erheblichem Aufwand wieder rückgängig zu machen.

Der rechtliche Rahmen zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs ist in allen Ländern Europas ein umstrittenes Thema: In Deutschland gilt seit Ende 1995 die eingeschränkte Fristenregelung. Nach § 218 des Strafgesetzbuchs ist der „mit Einwilligung der Schwangeren“ von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch nicht rechtswidrig, wenn er eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren abwendet, und die Gefahr nicht auf andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann. Weitere Voraussetzungen sind, dass die Schwangere eine anerkannte Beratungsstelle aufsucht, zwischen Beratung und Schwangerschaftsabbruch mindestens drei Tage liegen, und dass seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind (was für Mediziner, die anders rechnen, die 14. SSW bedeutet).

Je nachdem, welche Gründe dazu geführt haben, sich für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, bevor er durchgeführt werden darf:

Schwangerschaftsabbruch nach der Beratungsregel. Nach dieser Regelung werden ~ 97 % der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland durchgeführt. Jede Frau, die einen Schwangerschaftsabbruch auf eigenen Wunsch und ohne medizinische oder kriminologische Begründung durchführen lassen will, muss sich zuvor in einer staatlich anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle vorstellen und beraten lassen. Die Beratung ist kostenlos und soll nicht bevormunden oder belehren, sondern die Frauen rücksichtsvoll über Rechtsansprüche und mögliche Hilfen informieren. Dass ein solches Gespräch stattgefunden hat, muss mit einer Beratungsbescheinigung belegt werden.

Schwangerschaftsabbruch mit medizinischer Begründung. Muss die Schwangerschaft aus medizinischen Gründen abgebrochen werden, wird von dem feststellenden Arzt eine Indikationsbescheinigung und ein Überweisungsschein ausgestellt; denn der Eingriff darf nicht von demselben Arzt durchgeführt werden, der die medizinische Notwendigkeit bescheinigt. Bei medizinischer Indikation gibt es derzeit noch keine gesetzliche Frist für die Durchführung des Abbruchs; Spätabbrüche nach der 24. SSW sind also prinzipiell erlaubt, die Einführung einer Frist vor Erreichung der Lebensfähigkeit wird aber in Deutschland diskutiert und von einigen Interessensgemeinschaften und Verbänden gefordert.

Schwangerschaftsabbruch mit kriminologischer Begründung. Kam die Schwangerschaft durch eine Straftat wie eine Vergewaltigung zustande, kann dies die Abtreibung begründen. Frauen müssen wie bei der medizinischen Notwendigkeit eine Indikationsbescheinigung und einen Überweisungsschein vorlegen.

Eine Beratung ist bei medizinischer oder kriminologischer Indikation nicht gesetzlich vorgeschrieben, kann aber in Anspruch genommen werden.

Liegt ein medizinischer oder kriminologischer Grund für den Schwangerschaftsabbruch vor, bezahlen ihn in der Regel die Krankenkassen. Ansonsten müssen die Frauen meist selbst dafür aufkommen. Die Kosten liegen bei ~ 350 €. Wer nur geringe Einkünfte hat, kann eine Kostenübernahme beantragen.

Methoden des Schwangerschaftsabbruchs

Das ideale und einzig richtige Verfahren für einen Schwangerschaftsabbruch gibt es nicht. Welches Vorgehen gewählt wird, hängt vom Schwangerschaftszeitpunkt, dem Gesundheitszustand der Frau und des Ungeborenen, aber auch von den persönlichen Wünschen der Schwangeren ab. Am häufigsten werden folgende drei Verfahren angewandt:

Die Absaugmethode (Vakuumaspiration, Saug-Kürettage) war jahrzehntelang die Standardmethode vor der zwölften Schwangerschaftswoche und ist es in vielen Ländern noch immer. Bei dieser Methode wird der Gebärmutterhals mit Metall- oder Plastikstiften so weit aufgedehnt, dass ein sechs bis zehn Millimeter dünner Schlauch in die Gebärmutter eingeführt werden kann, mit dem der Fötus und Gewebereste abgesaugt werden. Der Eingriff wird unter örtlicher Betäubung entweder ambulant in einer Praxis oder im Krankenhaus durchgeführt, wobei auch eine Vollnarkose möglich ist. Diese Methode zieht körperliche Beschwerden nach sich, die zwar unangenehm, aber auszuhalten sind: Blutungen und Unterleibsschmerzen durch das Zusammenziehen der Gebärmutter.

Nach der Absaugung wird zur Förderung des Zusammenziehens der Gebärmutter und damit zur Minimierung des Blutverlusts das Wehenhormon Oxytocin gespritzt.

Die Blutungen aus der Scheide sollten nach 24 Stunden auf ein geringes Maß zurückgegangen sein und nach spätestens zehn bis zwölf Tagen vollständig aufhören. Geschlechtsverkehr ist erst danach wieder erlaubt.

Alternativ steht inzwischen die Abtreibungspille zur Verfügung. Sie führt zum Absterben der Frucht und zu einer Fehlgeburt. Die Abtreibungspille wird für Schwangerschaftsabbrüche bis zur siebten bis neunten Schwangerschaftswoche eingesetzt. Diese Methode ist z. B. in Frankreich und der Schweiz stark verbreitet. In der Schweiz und in Schweden wird Mifegyne® (auch bekannt als RU 486) bei ~ 50 % der Abtreibungen eingesetzt (in Deutschland nur ~ 7 %). In anderen Ländern, so auch Deutschland, steht man dem Verfahren kritisch gegenüber. Die inzwischen vorliegenden Erfahrungen aus vielen Ländern haben diese Befürchtung jedoch nicht bestätigt. Andere Kritiker meinen, dass die seelische Belastung der betroffenen Frau bei dieser Methode besonders hoch sei, wenn sie den Abbruch durch Einnahme der Abtreibungspille alleine durchführe und damit auch die Verantwortung allein trage.

Das Medikament wirkt folgendermaßen: Um das körpereigene, die Schwangerschaft aufrechterhaltende Hormon Progesteron chemisch zu blockieren, werden drei Tabletten Mifegyne® mit dem Wirkstoff Mifepriston eingenommen. Die Substanz führt dazu, dass sich der Muttermund öffnet und die Gebärmutterschleimhaut und der Fruchtsack sich ablösen. Ein bis zwei Tage danach müssen Prostaglandin-Tabletten eingenommen werden, damit sich die Gebärmutter zusammenzieht, und so die Austreibung des Fruchtsacks beschleunigt wird. Zwei bis drei Stunden nach der Einnahme setzt die Abbruchblutung ein. Bis der gesamte Fruchtsack ausgestoßen ist, können ein bis 14 Tage vergehen.

Zu den Beschwerden nach Anwendung dieser Methode zählen verstärkte Blutung, Übelkeit und Schmerzen im Unterleib.

Bei Schwangerschaftsabbrüchen, die noch nach der zwölften SSW durchgeführt werden müssen (Spätabbrüche) – z. B. dann, wenn die Mutter schwer erkrankt ist oder Fehlbildungen des Kindes zu erwarten sind, wird in der Regel eine medikamentöse Geburtseinleitung durchgeführt. So wird z. B. mit Prostaglandinen eine geburtsähnliche Fruchtausstoßung eingeleitet. Die Prostaglandine weichen den Muttermund auf und fördern die Wehen. Dadurch werden all die körperlichen Vorgänge ausgelöst, die auch bei einer normalen Geburt ablaufen. Danach ist wie bei einer Fehlgeburt eine Ausschabung erforderlich, um alle Gewebereste aus der Gebärmutter zu entfernen, und es wird Oxytocin zur Minimierung des Blutverlusts gegeben.

Beim Schwangerschaftsabbruch nach der 16. Schwangerschaftswoche muss zusätzlich der Milcheinschuss mit einem Medikament (Bromocriptin, z. B. in Pravidel®) unterdrückt werden.

Selbsthilfe

Den Abbruch bewältigen. Obwohl eine Abtreibung meist ohne körperliche Komplikationen verläuft, ist die psychische Belastung nicht zu unterschätzen. Die Situation, sich auf diesem Weg bewusst gegen das eigene Kind entschieden zu haben, muss bewältigt werden. Verdrängung hilft auf Dauer nicht.

Die meisten Frauen, aber auch ihre Partner, durchleben eine Phase der Trauer. Sie muss nicht unbedingt mit „Schuld“ assoziiert werden, die es abzutragen gilt. Ein solcher Eingriff bedeutet aber immer, einen Lebensweg mit einem (evtl. behinderten) Kind abgebrochen und dafür einen anderen Weg gewählt zu haben. Die Trauerphase kann unmittelbar nach dem Eingriff, aber auch erst Wochen später einsetzen und über Monate anhalten.

Gespräche mit dem Partner, mit Freunden und Angehörigen können entlasten und Halt geben. Auch Kontakte zu anderen Frauen, die sich ebenfalls einmal für einen Abbruch entschieden haben, sind für manche Frauen eine Entlastung. Wer alleine nicht zurechtkommt, kann sich professionelle Hilfe holen – die Beratungsstellen stehen den Frauen auch nach dem Abbruch offen.